Nordische Magie

Nachlesen – die verborgenen Fäden des Schicksals

Die Sommersonnenwende, sogar das Lughnasadh Jahresfest liegt schon eine Weile zurück. Die Tage werden kaum spürbar wieder kürzer. Die Natur “explodiert” jedoch immer noch. Viele Pflanzen zeigen besonders jetzt noch einmal ihre Schönheit und Wachstumskraft. Die Vegetation scheint mit allen Kräften gegen den natürlichen Rhythmus des Lebens aufzubegehren. Dennoch geschieht etwas Unvermeidliches, ganz allmählich und langsam geht die Natur in den Rückzug.

Im März durfte ich einen Menschen den Weg zum Tor des Lebens zeigen und das Fest des Lebens, das schamanische Totenfest leiten. Im Jahreslauf scheint es Zeiten zu geben, in der es für eine Seele leichter ist, das Kleid des irdischen Lebens abzulegen. Diese Zeit ist zu Beginn eines neuen Jahres, im folgenden Text wird dies deutlich.

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Es gab keinen Weg, ihr Leben zu retten. An verborgenem Ort vergrub sie ihren Ring. Gefahr und Betrübnis kamen von dort. Es kann sein, dass sie noch bis zum End des Winters lebt. Sie wird sich nach Nord-Osten wenden, wenn der Frühling kommt.

Es kann sein, dass sie schon in der flachen, gelben Erde steckt, ihr Grab gewählt hat und beschloss dortzubleiben. Den Weg ihrer Seele bin ich gefolgt. Habe auf meinem Glauben bauend ein Ritual vollzogen. An der Rückseite des Midgard Berg’s hab ich ihre Seele einzuholen versucht – vergebens.

Kurz darauf fuhren wir das erste Mal mit einem Wohnmobil nach Norwegen.

Wir überquerten viele Fjorde, passierten Hochebenen, Gebirgsketten, auf denen noch viel Schnee lag, wir fuhren durch unzählige kilometerlange Tunnel. Die Fjorde dringen tief in das Landesinnere vor. Von den Felswänden der Fjorde stürzen hohe Wasserfälle ins Meer hinab. Die Meeresküste erscheint durch die Felsen, Fjorde und Wasserfälle zerklüftet, es gibt unzählige Inseln, die das Festland umgeben. Die Fjorde dringen als schmale, jedoch tiefe Einschnitte weit ins Landesinnere vor. Mit ihren steil aufragenden Felswänden lassen sie Menschen und deren Bauwerke klein erscheinen. In Deutschland leben vierundachtzig Millionen Menschen, in Norwegen sind es nur fünf Millionen. Man kann nur erahnen, wie viel Mühe, Schweiß und Ingenieurkunst es den Erbauern gekostet hat, die vielen Tunnel, die in den Felsen gebauten Häuser, die Versorgung mit Strom an den steilen Felswänden zu erschaffen.

Wir sahen Elche und Hirsche nah am Waldrand stehen Möwen, die durch die Lüfte flogen, Reiher und viele andere Vögel. Moosbedeckte Steine und Höhlen, die in den Felswänden kaum auszumachen waren. Flechten und Kleine Bäumchen, die auf Hausdächern wuchsen. Dies alles sind Wesenheiten, die einen grobstofflichen Körper besitzen. Aber es gibt auch die anderen Wesenheiten, die Naturgeister, deren Anwesenheit von seherischen Menschen wahrgenommen werden kann. Andere Menschen spüren diese Naturwesen, die Trolle, wie sie in Norwegen genannt werden oder sie begegnen ihnen in ihren Träumen. Ein Troll hat für Menschen oft eine negative Bedeutung, er gilt als boshaft und heimtückisch. Das Wort “trolst” steht aber für zauberhaft. Hat also eine positive Bedeutung.

Naturgeister können wegen der vielen freien und ungenutzten Naturräume in Norwegen weitgehend ungestört leben. Mir kam es während unseres Aufenthalts in Norwegen so vor, als wären die skandinavischen Naturgeister wilder, größer und urtümlicher als die Naturgeister bei uns in Deutschland. In meiner Vorstellung könnten Riesen, die in der nordischen Mythologie eine Rolle spielen, ihren Ursprung im skandinavischen Gebirge haben. 

Die Ursprünglichkeit Norwegens ließ mich an vielen Orten die Zerbrechlichkeit von Leben erkennen. Das Verständnis von Unvermeidbaren, von Gewinn und Verlust, von Entstehen und Vergehen noch einmal mehr in meinem Inneren verankert. Sich den eigenen Fluss des Lebens anzuvertrauen, auch wenn er noch so reißend erscheinen mag, hat mich der Besuch in Norwegen gelehrt.

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